In den letzten eineinhalb Jahren mussten wir uns zwangsläufig mit der Frage beschäftigen: Was macht Unternehmen widerstandsfähig? Woran liegt es, dass Restaurant A während dieser Pandemie mehr Umsatz macht als vorher und Restaurant B kurz vor der Pleite steht. Woran liegt es, dass Unternehmen A es geschafft hat, diese Krise für sich zu nutzen und Unternehmen B dauerhaft Schwierigkeiten hat, noch gar nicht richtig weiß, wie es da wieder herauskommt? Schon seit 2017 gibt es einen internationalen Standard, die ISO-Norm ISO 22316:2017, für organisationale Resilienz. Ein Expertengremium hat insgesamt 9 Faktoren identifiziert, die Unternehmen widerstandsfähig machen. Resilienz, so steht es in der ISO-Norm, ist der Schlüssel für jedes Unternehmen, das sich in einer ständig sich verändernden Welt weiterentwickeln will, erfolgreich sein will und dauerhaft überleben will. Wir beschäftigen uns bei persolog schon länger mit dem Thema Resilienz und entwickeln nun ein Profil für organisationale Resilienz, basierend auf den 9 Resilienz-Faktoren, die die ISO-Norm beschreibt. Heute möchte ich euch drei dieser Faktoren vorstellen und wie wir bei persolog in den letzten Monaten erlebt haben, was sie bedeuten.
#1 Gemeinsame Ziele und Visionen leben
Ich kann mich noch gut daran erinnern, als im März 2020 verkündet wurde, dass Präsenz-Veranstaltungen nicht mehr stattfinden können. Von einem auf den anderen Tag sind auch uns bei persolog 60 % Umsatz weggebrochen. Mein Gefühl war: „Egal, in welche Richtung ich jetzt gehe, ich kann eigentlich nur runterfallen.“ Wie soll man innerhalb von Wochen und Monaten diesen Umsatzverlust, der auf absehbare Zeit nicht einfach wiederkommen wird, wieder reinholen? Was für uns als persolog Team damals ganz wichtig wurde, war zu fragen: Was ist denn jetzt unser Weg durch die Krise, wenn gleich drei oder mehr Umsatzfaktoren wegfallen? Wir haben dann festgestellt, dass uns die Umstellung auf Live-Online Veranstaltungen ganz gut gelungen ist, für viele unserer Trainer das aber eine große Hürde war. Also wurde und ist unsere Mission durch die Krise: Wir helfen den Trainern, die Pandemie gut zu überstehen und wenn wir das hinbekommen, schaffen wir es auch. Unsere Strategie war zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgefeilt, aber die Vision war klar. Gerade in schwierigen Zeiten ist es wichtig, dass Unternehmen versuchen, ihren Mitarbeitern eine Perspektive über diese Zeit hinaus zu geben und aufzeigen: Das ist die Strategie, mit der wir durchgehen. Dabei geht es nicht nur um übergeordnete Unternehmensvisionen. Immer, wenn wir bei persolog eine Entscheidung treffen mussten, war das übergeordnete Ziel klar: wir helfen den Trainern, diese Zeit zu überstehen. Alle im Unternehmen hatten Klarheit über diese Vision. In unseren wöchentlichen Meetings habe ich das immer wieder wiederholt, weil es so wichtig ist, dass alle diese Vision kennen. Und es ist entscheidend, dass alle diese Vision teilen, um gemeinsam in diese Richtung zu gehen. In der Folge ist es wichtig, die Maßnahmen daran zu orientieren. Denn gemeinsame Ziele und Visionen leben – das geht auch im Kleinen. Manchmal kann man das mühsam sein, aber es muss immer wieder klar gemacht werden: Was ist das Ziel und wohin gehen wir?
#2 Befähigende Führung ausüben
Jeder muss selbst fliegen. Das ist für mich eine Metapher für Führung. Die Vorstellung, dass die Unternehmensführung das Flugzeug stellt und die Mitarbeiter nur reinsitzen müssen, funktioniert für mich nicht. Meine tiefste Führungsüberzeugung ist es, dass jeder Mitarbeiter lernen muss, selbst zu fliegen. D.h. dass er Verantwortung übernehmen muss. Warum? Weil sich in meiner Wahrnehmung nur so ein Unternehmen in der heutigen Zeit weiterentwickeln kann. Wenn ich alle Entscheidungen treffe und davon alles abhängt, bin ich als Führungskraft wie ein Trichter, durch den alles hindurchmuss. Das ist zu viel, denn ich kann mich nicht um alles kümmern. Ich als Führungskraft fliege voraus und zeige die Richtung. Aber jeder muss selbst lernen, hinterherzufliegen. Dazu gehört untrennbar auch, dass jeder Verantwortung übernimmt. Denn wenn Mitarbeiter in Freiheit Verantwortung übernehmen, wird Eigeninitiative gefördert. Viele Ideen kamen im letzten Jahr bei persolog von Mitarbeitern, die Sachen ausprobiert und in die Tat umgesetzt haben. Manchmal war ich selbst skeptisch, ob eine Sache funktionieren würde. Aber ich blieb offen und sagte mir: „Wir testen das jetzt. Denn ich weiß nicht alles besser.“ Wenn wir wollen, dass Menschen lernen, das Unternehmen eigenständig voranzubringen, ohne, dass man von oben immer alles liefern muss, dann ist es wichtig, dass wir unsere Führungsphilosophie von dem Satz „Ich weiß es besser“ frei machen. Sonst wird das Unternehmen nie über uns hinauswachsen. Ich gratuliere mir immer zum Führungserfolg, wenn ich erkenne: er/sie weiß es jetzt besser. Das ist das, was befähigende Führung ausmacht. Dazu gehört auch, auf die individuelle Belastbarkeit zu achten. Denn wenn es für einen Mitarbeiter zu viel Freiheit oder Verantwortung ist, muss ich eine andere Lösung für ihn finden. Es sind nicht alle gleich. Aber im Kern ist mein Ziel: Ich erziehe die Mitarbeiter zu Eigenverantwortung. Ich lasse sie frei und über mich hinauswachsen. Nur so kann das Unternehmen über mich hinauswachsen. Nur dann sind wir am Ende erfolgreich.
#3 Situatives Veränderungsmanagement betreiben
Wenn es um Veränderung geht und ich meinen Mitarbeitern die Frage stelle, was anders laufen könnte, hat jeder eine Idee. Natürlich gibt es jede Menge Verbesserungspotenzial. Aber der zweite Aspekt von Veränderung ist: Wenn wir Dinge verändern wollen, heißt das auch, dass Menschen sich verändern müssen. Sonst funktioniert es nicht. Wenn wir die Frage stellen, wer sich verändern möchte, wird es schon schwieriger. Gerade im letzten Jahr war es für uns bei persolog extrem wichtig, dass Mitarbeiter mitgegangen sind und bereit waren, sich zu verändern. Dass Mitarbeiter anders an Aufgaben herangegangen sind, da wir sie sonst nicht bewältigen hätten können. Da sind zum Beispiel unsere Master-Trainer, die sich darauf einlassen mussten, plötzlich Videokurse zu drehen. Ich habe sie herausgefordert und sie haben ihren Weg gefunden, diese Aufgabe umzusetzen.
Das ist in vielen Unternehmen ein Problem. Wenn wir an D, I, S und G denken, wissen wir, dass sie unterschiedlich auf diesen „Veränderungsdruck“ reagieren. Fehlt die Bereitschaft der Mitarbeiter mitzumachen, funktioniert es nicht. An diese Bereitschaft können wir als Führungskräfte appellieren, indem wir die vorrangigen Fragen von D, I, S und G beantworten. Dominant reagiert energisch und entschlossen (positiv wie negativ) und stellt die Frage: „Was soll das bringen?“ Initiativ reagiert emotional (positiv wie negativ) und stellt die Frage: „Wer soll das machen?“ Stetig reagiert vorsichtig, selbstlos, und stellt die Frage: „Wie sollen wir das schaffen?“ Gewissenhaft reagiert sachlich, kritisch, und stellt die Frage: „Warum denn schon wieder etwas Neues?“ In einer Krise ist es hilfreich, wenn wir Menschen mit dominantem Verhalten für unsere Sache gewinnen, da sie vorangehen und Dinge einfach in die Tat umsetzen. Vorrangig Initiative können, wenn wir sie überzeugen, andere für die Veränderung begeistern und mitnehmen. Die Frage nach dem „Wie“ gestaltet sich in Veränderungsprozessen schwierig. Ich hätte sie im März 2020 nicht vollumfänglich beantworten können. Mein Ansatz ist, diese Frage in Schritten zu beantworten. Schritt 1 bei persolog war: Wir machen unsere Trainer fit für digitale Trainings. Danach kommt der nächste Schritt. Ohne, dass ich die ganze Antwort schon kennen muss. Wenn wir Menschen mit vorrangig gewissenhaftem Verhalten in Veränderungsprozessen gewinnen wollen, müssen wir mit Fakten von der Notwendigkeit der Veränderungen überzeugen. Ich zeige meinen Mitarbeitern Woche für Woche die Umsatzentwicklung, sodass jeder immer wieder sehen konnte und kann, dass wir Dinge verändern mussten oder dass Veränderungen sich bewährt haben.
Situatives Veränderungsmanagement betreiben bedeutet auch Ängste und Widerstände ernst zu nehmen. Die Dinge besprechen, frühzeitig informieren und die organisationale Identität im Blick behalten. Gerade im letzten Jahr wurde letzteres für persolog zur Herausforderung. Wir haben immer wieder bemerkt, dass das, was wir gerade machen, schon stark von dem abweicht, was wir normalerweise tun. Ist das noch die richtige Richtung? Wir kamen zu dem Schluss: Ja, denn wir helfen den Trainern, ihr Business zu entwickeln. Damit helfen wir am Ende, die Menschen zu entwickeln. Und das ist schließlich unser Slogan: Organisationen durch Menschen entwickeln. In diesem Prozess ist es also wichtig „sich nicht zu verlieren“. Immer wieder müssen wir uns klar machen: Das ist jetzt die Richtung, in die wir gehen.
Ein holländisches Sprichwort sagt: „Wir können den Wind nicht verhindern, aber wir können Windmühlen bauen.“ Wir können nicht verhindern, dass Dinge nicht so laufen, wie wir sie uns vorgestellt haben. Wir können nicht verhindern, dass die Digitalisierung einen solchen Schub hat, dass Menschen in der Arbeitslosigkeit landen. Nach der Pandemie werden neue Krisen kommen, Veränderungen immer schneller von statten gehen. Aber für alle im Bereich Training und Coaching Tätigen ist hier Potenzial, den Menschen dabei zu helfen mitzugehen. Wir können diese Windmühlen mitbauen, indem wir die Ressourcen in Unternehmen richtig nutzen, freisetzen, sie stärken und helfen, mit diesem Wind zurechtzukommen. Damit am Ende ein besseres Ergebnis erzielt wird als vorher.
Debora Karsch,
Autorin & Geschäftsführerin persolog GmbH
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Was Unternehmen widerstandsfähig macht?
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